Gemeindeausflug nach Mittelfranken

Zum ersten Mal als eine Pfarrei unterwegs

Schon im Frühjahr hatten Pfarrer Jean-Pierre Barraud und ich eine Tour zu vier „verborgenen Besonderheiten in Mittelfranken“ ausgetüftelt und vor Ort ausprobiert.
Zu diesem ersten Ganztages-Busausflug unserer neuen Pfarrei konnten wir dann im September eine stattliche Gruppe von Interessierten aus Petrus- und Erlöserkirche sowie vom Espresso-Seminar begrüßen.

Nach der Anreise durch die Fränkische Alb erhielten wir eine Führung im paläontologischen Museum von Solnhofen im Altmühltal. Zahlreiche 150 Millionen Jahre alten Versteinerungen aus den Solnhofener Kalkplatten bekamen wir erklärt – darunter den weltbekannten Archaeopteryx, der nur im fränkischen Jura in mehreren Exemplaren vorkam. Er galt als ein Bindeglied der Evolution von den Sauriern zu den Vögeln. Erstaunlich, wie prägnant sich die Fossilien von den Kalkplatten abheben!
Ursprünglich sollten sie nur als Bodenbelag dienen. Doch aufgrund ihrer feinen Struktur entdeckte Alois Senefelder, dass sie sich auch für Steindrucke eignen. So entwickelte er Ende des 18. Jahrhunderts die Lithografie.

Nach der Mittagspause mit fränkischem Essen in Pappenheim ging es an Weißenburg vorbei zum Weiler Rohrbach. Dort spazierten wir an einer „Steinernen Rinne“ entlang. Das klingt belanglos, ist aber eine geologische Rarität: Sie besteht aus Kalktuff, der sich unterhalb einer Karstquelle als Verbindung von kalkhaltigem Wasser mit Algen und Moosen Jahr für Jahr weiter aufbaut. So wächst ein immer höher werdender Naturdamm. Auf seinem schmalen Grat schießt das Quellwasser in einer etwa fünf Zentimeter breiten Rinne hangabwärts. In der Fränkischen Alb findet man einige „Steinerne Rinnen“, aber auch auf der Schwäbischen Alb, in Niederbayern und am Alpenrand. Die meisten von uns hatten so etwas noch nie gesehen.

In der Nähe von Treuchtlingen liegt der Ort Graben. Dort besuchten wir ein Baudenkmal mittelalterlicher Ingenieurskunst: die „fossa carolina“, den „Karlsgraben“. Unscheinbar liegt hier eine Wasserfläche zwischen bis zu zehn Meter hohen und circa einen halben Kilometer langen Erdwällen. Für die Einheimischen nichts Besonderes. Jahrhundertelang nahm kaum jemand Notiz davon, bis in der Würzburger Bischofschronik aus dem 16. Jhd. ein eigenartiges Bild auffiel: Es zeigt Arbeiter, die einen „Karlsgraben“ zwischen zwei Flüssen ausheben. Und in mehreren karolingischen Annalen fand man Textstellen von einem Kanalbau in der Nähe von Weißenburg, den Karl der Große in Auftrag gegeben haben soll. Archäologische Grabungen (die jüngsten von 2012 bis 2016) des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und der Universität Jena legten Tausende von Holzpfählen frei, mit denen die Uferböschungen befestigt wurden. Die dendro-chronologische Untersuchung des Holzes ergab, dass die Bäume dafür in den Jahren 792/793 gefällt worden waren – der endgültige Beweis, dass dieser Graben ein Kanalprojekt des späteren Kaisers Karl des Großen war. Warum genau hier? Er wollte an dieser Stelle den Oberlauf der Schwäbischen Rezat mit der Altmühl verbinden, weil sich die beiden Flüsse hier auf weniger als zwei Kilometer nahekommen. Bekannt war, dass die Schwäbische Rezat nach Norden fließt und nach Aufnahme mehrerer fränkischer Zuflüsse schließlich als Regnitz bei Bamberg in den Main mündet. Weil sich dieser weit im Westen in den Rhein ergießt und andererseits die Altmühl südöstlich in die Donau, hätte der kleine „Karlsgraben“ eine Schiffsverbindung vom Rhein über das fränkische Flusssystem zur Donau ermöglicht – ein karolingisches Rhein-Main-Donau-Kanalprojekt vor über 1200 Jahren! Leider wurde der Bau wegen widriger Umstände nicht vollendet. Trotzdem beeindrucken seine Überreste noch heute – vor allem aber die geografische Weitsicht und technische Umsetzung seiner Planung.

Die vierte Station mittelfränkischer Besonderheiten war das Kloster Heidenheim am Hahnenkamm. Die Führung in seinem romanisch-gotischen Münster brachte uns das Wirken der angelsächsischen Geschwister Wunibald und Walburga näher. Von hier aus legten die beiden im 8. Jahrhundert die Wurzeln der Christianisierung in Franken.

Nun hatten wir einen gemütlichen Cafébesuch verdient, bevor uns der Bus durchs Nördlinger Ries und übers Härtsfeld der Abendsonne entgegen wieder in die Heimat brachte.

Berthold Dworzak

Bilder Barbara Bauer
 

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Versteinerungen im Solnhofener PlattenkalkSteinerne Rinne und links unten Fossa CarolinaWunibald-Münster